Freitag, Juni 20, 2008

gletscher, tunnel und meer

die wunderschoene cordillera blanca beeindruckt noch durch ihre vielen gletscher, die die bergkette als weisse spitze schmuecken. in huaraz konnten wir die pracht bereits beim wachwerden von unserem hotelfenster aus bestaunen. waehrend unserem besuch bei urpichallay haben wir erfahren, wie kurzzeitig dieses phantastische idyll nur noch sein wird. es wird erwartet, so die spezialisten, dass einige gletscher bereits in 10 jahren nicht mehr existieren und in 40 jahren koennte die weisse bergkette ihren namen eigentlich in "zweite schwarze bergkette" umwandeln! aus diesem grund haben wir uns entschieden, die schoenheit dieser berge noch etwas weiter zu geniessen. wir schnuerten also wieder unsere ruecksaecke und wanderten los - da wir das geld fuer einen fuehrer sparen wollten, haben wir uns entschieden eine strecke zu bewandern, die als "haeufig frequentiert" gilt, es stellte sich jedoch heraus, dass sich das noch in massen hielt!

unser weg fuehrte uns im tal des santa cruz flusses weiter hinauf in die berge. erst mussten wir ein bisschen klettern, um das hochtal zu erreichen, doch dann konnten wir eben wandern und freuten uns ueber tuerkis- gruene lagunen, die vom gletscherwasser geformt werden, das in wilden wasserfaellen die berge links und rechts von uns herunterstuerzte. weiter oben ueberragen immer wieder andere schneeriesen die vorderen schwarzen berge.



da wir mit unseren radlerbeinen ja gute wanderer sind, haben wir noch einen abstecher zum sued-base-camp des alpamayo's gemacht. dieser gilt als der schoenste berg der welt (nachdem der deutsche alpenverein das mal behauptet hat) - doch leider von norden her betrachtet. dafuer trafen wir am fusse des berges eine kleine, bei sonnenbestrahlung gruen leuchtende, lagune an, in die gelegentlich ein gletscher kalbt, so dass noch einige brocken dort trieben... am rand standen viele saywas, zu denen britta eine kleine zugefuegt hat. am letzten tag unserer wanderung mussten wir ueber einen pass von ca. 4700m in das naechste tal gelangen - diese mal zu fuss! hierfuer liefen wir schon sehr frueh los und oben hatten wir eine fantastische aussicht. steil ging es auf der anderen seite bergab, und langsam zog sich der himmel zu... bald fing es an zu regnen, so dass wir unsere wanderung, anders als geplant, bereits an diesem tag beendeten (mit dem ergebnis, dass britta noch tage spaeter ueber verkrampfte wadenmuskeln klagte).

nach dieser kleinen exkursion mussten wir schnell weiter radeln, da unsere visums bald ausliefen. wir verabschiedeten uns schweren herzens von der wunderschoenen cordillera blanca, vergassen den schmerz aber bald, da wir nun bergab radeln konnten.
im cañon del pato treffen zwei gebigsketten aufeinander und es bleibt nur ein kleiner spalt, durch den sich der rio santa schlaengelt. wie man sich nun leicht vorstellen kann, ist hier eigentlich kein platz fuer eine strasse. aus diesem grund wurden 36 tunnel in die berge gesprengt, die es uns ermoeglichten diesen weg zum pazifik zu fahren. die tunnel waren oft sehr lang und duester, so dass wir uns wie maulwuerfe ueber die schotterpiste tasten mussten. sobald wir jedoch wieder am tageslicht ankamen, hatten wir aussicht auf die hunderte meter hoch ragenden felswaende, was sehr spektakulaer war.



dann mussten wir uns ueber eine wirklich schotterige piste gegen einen unheimlich stark blasenden wind vorankaempfen, bevor wir am folgenden tag ueber "die privatstrasse", die durch eine mondartige landschaft fuehrt, auf die panamerikana trafen. die landschaft hier ist sehr speziell. wir empfanden sie als etwas bedrueckend: grosse kahle berge, viel sand, kaum ein plaenzchen... nun sind wir in der wueste der peruanischen kueste angekommen. wir sind hier zum ersten mal seit ueber einem jahr wieder auf beinahe meeresniveau mit unseren raedern! schnell radeln wir nach trujillo. die panamerikana hat viel mehr verkehr, als wir es gewoehnt sind. links und rechts von uns ist sand, doch dann kommen wir in das gebiet des projektes "chavimochic". dieses projekt begruent die flachen wuestenabschnitte ueber eine lange strecke und bis wir nach trujillo einfahren, sind wir umgeben von gruenen feldern. das absurde an diesem projekt ist, dass viele der dort angebauten dinge fuer den export gedacht sind, wie z.b. spargel oder artischoken, die in peru niemand in seiner kueche verwertet... oder zuckerrohr, das zu ethanol verarbeitet wird, damit die autos weiter rollen koennen... fuer uns war es hauptsaechlich absurd diese "gruene wueste" zu sehen und zu wissen, dass das wasser hierfuer von den gletschern kommt, die es bald nicht mehr geben wird. wasser wird hier definitiv ein riesiges konflikpotenzial bekommen. ...appetit auf spargel hatten wir nicht mehr!

nun sind wir in trujillo im casa de ciclistas (= haus der radfahrer) bei lucho & aracelli und ihrer kleinen familie. sie geben seit etwa 20 jahren radreisenden ein kurz- oder langfristiges zu hause in trujillo. wir sind radler nummer 957 und 958, doch fuehlen uns wie die ersten, da sie uns so herzlich in ihre mitte aufnehmen! echt bewundernswert, wie sie das schaffen. ueber die jahre ist dieses casa de ciclistas das beruehmteste in suedamerika geworden und viele bekannte radler haben ihre spuren in einem der vielen gaestebuecher hinterlassen. da wir durch unsere projektbesuche ja sehr langsam unterwegs sind, haben wir auch viele unserer radlerbekanntschaften hier wieder gefunden.



unsere visums sind verlaengert und momentan geniessen wir aracellis torten und milchreis. es tut gut, einfach mal laenger am tisch sitzen zu bleiben, um zu quatschen, zu lachen und geheimtips der peruanischen reposteria (= konditorei) zu erfahren, waehrend lucho die ganze zeit wie ein verrueckter auf seinem rad in der stadt unterwegs ist und alleine ein radrennen organisiert. wir wurden gleich als helfer eingespannt - darum kommen wir hier auch nicht mehr weg!

PERU: santa cruz valley hike - huaraz - cañon del pato - trujillo
(06.2008)

Freitag, Juni 06, 2008

die uralten falten der anden

nachdem wir uns einigermassen fit fuehlten, verliessen wir ayacucho, um uns auf die weitere etappe zu begeben... doch bereits nach zwei tagen musste simon bei jeder kleineren steigung auf britta warten, die zwar oben ankam, aber dafuer deutlich laenger brauchte als gewoehnlich. so entschieden wir uns zum ersten mal auf dieser reise uns zu trennen: simon radelte eifrig weiter, waehrend britta sich mit autos von einem zum naechsten oertchen fahren liess. es war ein sehr trauriger moment, als simon alleine um die ecke fuhr, denn beide wollten wir natuerlich viel lieber gemeinsam die kilometer im heissen flusstal fahren. britta quartierte sich in einem einfachen zimmer in huancayo ein und war voelligst ueberrascht, als simon bereits am folgenden mittag eintraf: er hatte einen rueckfall und war nun genau so krank wie sie. gemeinsam kurrierten wir uns die folgenden tage in huancayo aus, nachdem wir den doktor aufgesucht hatten... so verstrichen weitere 5 langweilige tage, die aber noetig waren.



weiter ging es ueber die puna - wir liessen es zwangslaeufig erstmal sehr langsam angehen. fuer uns war es wichtig, erstmal wieder voelligst gesund zu werden und unsere entwoehnten beine dankten es uns. wir waehlten einen kleinen umweg, der uns durch touristisch weniger frequentierte doerfer brachte, dafuer fuhren wir auf einsameren und auch holperigeren strassen. als wir ploetzlich an einem schild vorbei kamen auf dem stand "die groesste hoehle suedamerikas" hielten wir an und traten ein: eine riesige hoehle, die durch kleine dunkle gaenge 300 meter ins innere des berges begehbar ist... weiter koennte man tauchen... es heisst, hier habe sich, als die inca kamen, die lokale bevoelkerung versteckt. als die maenner nicht von den kaempfen zurueckkamen haben die alten, frauen und kinder soviel geweint, dass noch heute ein fluss aus dem bergesinneren fliesst und sie selber erstarten zu den stalagtiten und stalagniten, die heute noch sichtbar sind.

die nacht verbrachten wir an einer kurriositaet: ein salzbrunnen auf ueber 4000 meter hoehe. der salzanteil im wasser ist hoeher als der der meere und dient seit generationen zur salzgewinnung. wir radelten nach einer kalten nacht weiter, hoeher hinauf, vorbei am lago de junin, die gegend in der die wunderknolle maca ("viagra der anden") ihr zu hause hat. am morgen starteten wir bei 2 grad mit dichtem nebel, auf 4200m ueber dem meer und am abend kamen wir nach einer ueber 100km langen seichten abfahrt im nur noch 1800m hohen huanuco an.

huanuco, die augenbraue des urwaldes, oder die stadt mit dem besten klima der welt - wie sie uns mit einem grossen schild am ortseingang mitteilten. hier bekam britta ein neues tretlager, vermutlich das einzige, das in der stadt zu kaufen war! so legten wir einen ruhetag ein, um fuer den naechsten streckenabschnitt, der uns zunaechst die 2000 hoehenmeter wieder bergauf fuehrten sollte, geruestet zu sein. wir freuten uns beide, dass wir wieder mit appetit assen und dass die portionen wieder normale groesse hatten. wahrscheinlich ist es gut mal krank zu sein, um die gesundheit wieder schaetzen zu koennen.

am naechsten tag besuchten wir noch die ruinen von kotosh, die noch aus der vorincazeit stammen und radelten den fluss entlang bergauf. immerwieder waren wir gewarnt worden, dass es auf diesem abschnitt ueberfaelle gaebe - als dann ein pick up anhielt und uns erneut warnte, nahmen wir das angebot auf der ladeflaeche am gefaehrlichen punkt vorbei zu fahren gerne an. doch gefaehrlich wurde es nicht.

auf der naechsten strecke trafen wir erst einen radler, bob aus der schweiz und anschliessend zwei ehemalige radreisende und heutige motorradreisende, die bubos aus belgien- mit ihnen verquatschten wir viele stunden, so dass wir ins dunkle gerieten und uns ausserdem noch ein regen erwischte - zu allem ueberfluss pruefte britta mit einem eleganten flug ueber den lenker dann noch ihren helm... zum glueck ohne schwerere folgen!

dann passierte uns etwas, was uns auf der ganzen reise noch nicht geschehen ist: wir fuhren am folgenden tag eifrig ueber eine schotterpiste, immer hoeher in der einsamen pampa, die strecke war gesaeumt von bergen, die viele kleine eingaenge hatten, hier wird kohle abgebaut. wir uebernachteten neben kuehen und passierten einen pass von (angegeben) 4700 metern hoehe... radelten anschliessend wieder bergab und landeten ploetzlich an der schranke einer mine. dort wurde uns mitgeteilt, dass wir voelligst falsch waren!!! dieser kleine abstecher hatte uns zu der cordillera huayhuash gefuehrt. es war ein umweg von zwei tagen, den wir zwar ungerne aber geduldig ertrugen. immerhin bekamen wir eine wunderschoene aussicht auf den gebirgszug als entschaedigung.



> EXKURS: dieses gebirge erlangte nicht zu letzt durch einen tragischen unfall beruehmtheit. einer von zwei jungen englischen bergsteigern verunglueckte 1985 dort so schwer, dass ein abstieg von siula grande unmoeglich wurde. ohne aussreichende lebensmittelreserven ausgestattet, blieb nur das eigentlich unmoeglich: den verlezten joe simpson mit dem 60m- seil nach und nach die endlose steilwand abzuseilen - der kurzeste weg. es zog ein sturm auf. kurz vor dem ende passierte dann das, was man keinem bergsteiger wuenschen mag: joe simpson rutschte ueber einen klippe und baumelte in der luft. der unverletzte simon yates versuchte das seil so weit abzuseilen, wie moeglich, jedoch war das rettende gletscherfeld zu weit weg und das seil zu kurz. simon rutschte mehr und mehr aus seiner provisorischen verankerung und sah keine andere loesung, als das seil zu kappen. der schwer verletzte joe flog 30m und landete in einer glescherspalte. er lebte und vermutete, dass beide abgestuertzt seien. voller gewissensbisse zog er nach und nach an dem seil, das die beiden verbinden sollte und hielt irgendwann das gekappte seil in den haenden. voelligst fassungslos dachte er sich "ok, dann sterbe ich hier!". am naechsten morgen faste ihn mut und er fand irgendwie einen weg dem hunger- oder erkaeltungstod zu entkommen. in dem buch wird alles sehr aussfuehrlich und persoenlich geschildert. irgenwo zwischen lebenslust und aufgeben tanzen innerstimmen in seinem kopf wie engelchen und teufelchen. kriechend kann er sich nur fortbewegen neben halluzinationen und gematert von einem schier endlosen ohrwurm des gehassten BONEY M liedes brown girl in the ring ueberlebt er irgendiwe.

simons freund marco hatte bei einer gemeinsamen wanderung mal von einer dokumentation (touching the void - sturz ins leere) ueber diese geschichte berichtet. darin weckte der verletzte joe simpson mit seinen SIMON SIMON SIMON- rufen immer wieder marcos freundin. aufgrund dieser geschichte erinnerte sich der BriSi- simon, dass er das buch (sturz ins leere) irgendwo in seinem schrank hatte. und vor der abreise aus berlin las er es neben auszug und letzten arbeitstagen wie paralysiert in 3 naechten durch. ("dieses buch ist einfach wahnsinn. das geschriebene visualisiert das geschehene so plastisch, dass es einen mehr als gefangen nimmt.")

ob es diese SIMON SIMON SIMON- rufe waren, die nach mehr als 20 jahren vielleicht noch in der luft lagen, so dass sie britta und simon sich verfahren liessen, blieb ungeklaert. das alles nur als randgeschichte.......EXKURSENDE <

nun muessten wir von der anderen seite als, geplant den pass erklimmen - doch da wir nun schon so im zeitverzug waren, waren wir froh, als ein lkw unsere raeder auflud und uns dieses abnahm. dann fuhren wir endlich auf dem streckenabschnitt, der uns schon von so vielen radlern empfohlen worden war. wir radelten in den nationalpark huascaran. auf ueber 4700 metern war die luft duenn, doch die aussicht auf steile berge von gletschern gekront, direkt neben uns, liess uns alles vergessen. nach jeder kurve erblickten wir neue schneeriesen, die unser herz aufgehen liessen. ploetzlich holte uns der sonnenuntergang ein und wir mussten irgendwo ein nachtlager finden und damit einenen neunen schlafenden hoehenrekord aufstellen: 4760m ueber dem meer.



als waere dieses nicht genug, ueberraschte uns die strecke mit weiteren unerwarteten attraktionen: hohlenmalerei von etwa 600 v.chr., eine quelle mit mineralwasser und die skurrielste blume der welt: puya raimondi. sie waechst nur auf 3800- 4200 metern, ist anfangs ein gigantischer kaktusartiger busch und entwickelt nach 40 - 100 jahren einen bluetenstand der bis zu 12 metern in die hoehe waechst. wenn sie dann in cremeweiss blueht, mit tausender kleiner blueten, ist ihr leben vorbei. sie bleibt nur noch als verbluehtes monument stehen und saeht ihre oft ueber 6.000.000 samen aus. da das leben dieser pflanzen so dramatisch ist, nahmn wir es ihnen nicht uebel, dass wir nur bereits verbluehte exemplare antrafen.

schliesslich erreichten wir mit einer schnellen abfahrt entlang des rio santa unser ziel huaraz. hier genossen wir einige tage die vorzuege einer touristischen grossstadt mit glescherberg- aussicht und besuchten anschliessend den projektpartner urichallay.


PERU: ayacucho - huancayo - huanuco - huaraz
(05.-06.2008)