wie den absprung schaffen, wenn es einem zu gut gefaellt? nach 5 wochen cochabamba, familienleben, heimlichkeit und terre des hommes bueroarbeit - wie den gesamten, fuer uns als rad- und projektnomaden, damit verbundenen "luxus" einfach aufgeben und in den sattel schwingen? aus erfahrung brauchen wir dafuer vorlauf und etwas zeit. abschied ist nie leicht, gerade wenn man so herzlich und unkompliziert aufgenommen wurde, wie von der familie von borries.
nach einer schoenen kleinen abschiedsfeier starten wir an einen schoenen samstag aus dem zeitweise zu heissen klima der talregion um cochabamba. die strecke nach la paz ist eine der meistgenutzten strassen in bolivien und komplett asphaltiert. cochabamba liegt auf 2600m, la paz in einem tal auf 3600m. doch um in dieses tal zu gelangen muss man ganz schoen schuften. ein ansehnliches auf und ab erwartete uns. in der mitte der gut 450 km liegt der hoechste punkt mit 4500m, eine hoehe, die einem den atem nimmt.
das bolivianische altiplano, die hochebene, war um einiges kuehler als das cochabambinier tal, was zeitweisse einem schwitzkasten nicht unaehnlich war. fuer die naechte wartete wieder das bolivianische problem auf uns - die schwierigkeit, einen ruhigen und einsamen zeltplatz zu finden. bolivien ist mit 8,3 einwohnern pro km² und seinen 9 millionen einwohnern, verglichen mit andern lateinamerikanischen staaten, sehr duenn besiedelt, jedoch leben die menschen auch in fast unwirtlichen gebieten. oft finden wir erst nach langem suchen ein ruhiges plaetzchen abseits von strassen und wegen fuer unsere nachtlager. doch nicht selten gibt es auch dort jemanden, der morgens wie aus dem nichts vor uns steht und uns interessiert ausfragt.
auf dem weg passierten wir ploetzliche ein fahnenmeer aus wiphalas(der fahne der indigenen kulturen) und der bolivianischen nationalfahne, einen demonstrationszug, mitten im bolivianischen nirgendwo des altiplano. sie seien auf dem weg nach la paz sagten sie. "fuer die gerechte rente und die soziale revolution" stand auf ihren plakaten. bis la paz waren es sicher noch 5 tagesmaersche. aber sie erreichten ihr ziel puenktlich, wie wir spaeter in den nachrichten erfuhren. grund fuer den marsch auf la paz war der, dass sie an dem tag der abstimmung fuer die "gerechte rente" einen art tuersteherfunktion vor dem bolivianischen parlament uebernahmen und nur zustimmungswillige abgeordnete in das parlamentsgebaeude liessen. ein methode, der sich auch gerne vorgaenger regierungen bolivienes bedienten. mit hilfe der demonstranten konnte somit erfolgreich eine rente fuer die alten boliviens beschlossen werden. sie ist einen art sozialabsicherung und jeder bolivianer ueber 60 kann sie beantragen und erhalten. in unseren augen einen sehr notwendige neuerung, denn immer wieder sahen wir in kleinen ortschaften an den stark befahrenen ueberlandstrassen alte menschen stehen, die aus armut und hilflosigkeit betteln mussten.
dieses beispiel zeigt, dass die politisch lage in bolivien derzeit sehr angespannt ist. opposition und regierung liegen mit ihren politikintressen so weit ausseinander, dass kaum noch dialoge moeglich sind. offensichtlich ist, dass politisch sehr viel in dem andenstaat durch den ersten indigenen praesidenten und seine partei ins rollen gebracht wurde. im vergleich zu der alten verfassung, die aus verscheidenen europaeischen vorbildern uebernommen wurde, werden in der neuen verfassung erstmalig auch die besonderheiten bolivienes beruecksichtigt. die UN- menschenrechtskommission lobte die neue verfassung. wer die bolivianischen zusammenhaenge und juengsten politischen entwicklungen verfolgen moechte, dem koennen wir folgende links empfehlen:
das nachrichtenpool lateinamerika e.V. aus berlin bringt woechentlich zahlreiche beitraege (auch radiobeitraege) auf ihrer homepage. unter anderem das poonal, ein woechentlich erscheinender pressedienst unabhaeniger lateinamerikanischer nachrichtenargenturen. aktuelle no. 791 zu bolivien
bei wikipedia findet ihr einen sehr umfangreichen artikel zu bolivien, indem auch auf die brandaktuellen diskussionen eingegangen wird.
in englisch gibt es den bolivien blog des democracy center aus cochabamba. hier werden oft sehr interessante und objektive artikel zu bolivien allgemeinen und der politischen situation im speziellen veroeffentlicht.
aber weiter mit unserem weg nach la paz: nach dem auf und ab hatten wir das altiplano, die hochebene, erreicht und auf ueber 4000m radelten wir la paz entgegen. bei einer begegnung am wegesrand warnte uns eine vor 50 jahren ausgewanderte leipzigerin vor el alto: "dort ist es wie in indien, schrecklich! ueberall schmutz und dreck." die begegnung war trotzalledem angenhem, der abfaellige satz zeigt nur, wie gespalten die bolivianische gesellschaft ist und wie die finanziell gut gestellten bewohner boliviens vor der not und armut grosser teile der bevoelkerung die augen verschliessen.
unser ziel war eben dieser ort: EL ALTO (die hoehe). die schnellwachsende, mittlerweile unabhaenige vorstadt, saeumt den talkessel von la paz und kippt fast in ihn hinein. sie ist ein unansehnlich bis reizvolles durcheinander aus bunten strassenzuegen, halbfertigen haeusern, kleinen geschaeften, wuchernden industriegebieten und traditionellen oder auch modernen menschen.
bei unserem projektbesuch in potosi hatten wir das in el alto ansaessige projekt wiphala kennengelernt. sie hatten sich mit einer deligation von arbeitenden kindern und jugendlichen an dem 3- taegigen traditionellen fest zu ehren des apostels bartolomeous beteiligt. ueber diesen kontakt hatten wir eine anlaufstelle nahe la paz'. nach letzten telefonischen absprachen erwartete uns ein kleines empfangskomitee von jungs aus dem projekt und marcelo, der leiter der einrichtung mit fahrraedern an einer hauptkreuzung. wie ehrengaeste mit geleitschutz lotsten sie uns sicher durch den wuetenden verkehr und die abgas- geschwaengerte luft el altos zu unserem neuen uebergangszuhause - marcelos wohnung!
link zu den bildern:
Bolivien: Cochabamba - EL Alto - La Paz |
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